Binsenweisheiten

Nach dem dichten Programm in Osijek (nicht vergessen: das Beste von den Comrade-Artist-Workers kommt noch) bin ich anfangs in Zagreb … nicht enttäuscht, aber mit einer nicht wohlgeformten Realität konfrontiert. Ich glaube, manche nennen das Leben oder so. Die Begegnung mit Hrvoje , auf der anderen Seite, interpretiere ich als Ankündigung sich verdichtender Handlung.

film_0100_015Bis diese jedoch eintrifft, muss ich die Zeit irgendwie mehr oder weniger produktiv, sinnvoll oder erholsam verbringen. Vorerst bleibe ich beim Erholsamen, beim Flanieren, Essen, Kaffeetrinken. Letzteres ist eine Freude in Zagreb, denn es gibt einerseits genug nette Cafés, andererseits ist der Kaffee wirklich billig. Ersteres erachte ich als eine touristische Pflicht. Man kann nicht einfach kommen, sehen und siegen, zumindest nicht in meiner Welt. Der Asphalt will sich erst an neue Sohlen gewöhnen – und vice versa. Das Licht moduliert, bricht, verschiebt sicht, bevor es die richtigen Stellen auf der Emulsion stimuliert. Und was glaubt die werte Leserin, wie oft das Zagreber Licht einen echten Kodak TRI-X zu sehen bekommt? Fragen Sie den Fotohandel Ihres Vertrauens! Das alles braucht seine Zeit, auch wenn es unzeitgemäß ist.

film_0100_010Essen beim Markt, Nähe Trg bana Josipa Jelacica

film_0100_011Marktrauen Trg bana Josipa Jelacica

film_0100_014Kava auf der Flaniermeile

film_0100_019Leben neben yet another shopping center

film_0100_020Warten im shopping center

film_0100_023Ortswechsel stadtauswärts

Der Jung-Adel im Parfüm-Café

Im Zentrum von Zagreb gibt es einen Torbogen, den ich schon bei einem früheren Besuch in der Stadt gesehen habe, und der religiösen Menschen als Ort der Andacht dient. Dort können sie Kerzen anzünden, auf einem Holzbänkchen Platz nehmen – bei Bedarf auch kniend, beten, meditieren oder was auch immer. (Seit ich kürzlich in Istanbul eine Moschee besucht habe, beginne ich die Attraktivität einer religiösen Stätte inmitten eines chronisch nervösen Beton-Mensch-Gemischs besser zu verstehen.)

Es ist gerade Sonntag Morgen und Velika Gospa (Mariä Himmelfahrt) zugleich, und ich bin tatsächlich wach – eine Koinzidenz die mich fast zwingt eine zielgerichtete Foto-Mission zum sakralen Torbogen zu starten. Ich überlege ob ich wie gewohnt den Rucksack mit einer zweiten Kamera, einer Wasserflasche etc. mitnehmen soll, entscheide mich dann aber ob der gefühlten Leichtigkeit der sonntäglichen Morgenluft und der Freude darüber, sie bewußt einzuatmen, für die FKK-Variante.

film 0100 028 Selbstportrait vor dem Aufstieg, das viel Spielraum für Interpretationen offen lässt. Eine mögliche, wenngleich ausgeleierte, wäre "böses Omen".

Ich nehme die Treppe neben der Zahnradbahn, die von der Ilica nach Gornji Grad hinauf fährt, und folge meinem schwachsinnigen Orientierungssinn, der zwar mit jeder urbanen Safari stärker geworden ist, aber immer noch zu wünschen übrig lässt. Tatsächlich finde ich den Torborgen ohne Probleme, just in dem Moment als die Messe zu Ende geläutet wird und ich eine Horde von Gläubigen alsbald zur kontemplativen Afterhour erwarten darf. Hätte. Hätte ich dieses vermaledeite Selbstportrait nicht gemacht: noch bevor ich den Torbogen erreiche, gibt die CLE ein weiteres mal auf. Die Leica ist zuhause geblieben, weil ich mich so leicht und frei fühlen wollte.

 

 

 

Fortsetzung…

 

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